Interview Christina Waltenberger – Gründerin der Schuhmarke Lonnies

schöneArtundWiese:

Liebe Christina, du bist Gründerin der Schuhmarke „Lonnies“.

Erzähl mal, wie kam es dazu, dass du eine eigene Schuhmarke gegründet hast? Was hat dazu geführt? Was motiviert dich? Welchen „Fußabdruck“ würdest du in dieser Welt gerne hinterlassen?

Christina:

2017 habe ich die Ausbildung zum Freilauf Coach absolviert und seit 2018 bin ich als Coach und Assistentin bei Freilauf (vormals Barefoot Academy) tätig.

Hier habe ich in den Workshops immer wieder die Frage erhalten: Barfuß Sandalen, gibt es die auch in „schön“? Schön ist jetzt ja relativ aber es war tatsächlich so, es gab Minimal Sandalen, aber diese waren dann nicht breit genug, fixierten die großen Zehen und oder sahen nach Tracking-Sandale aus. Für mich war da auch nichts bei, was ich gern zum Ausgehen getragen hätte.

Wenn ich mir was in den Kopf gesetzt habe, dann kann ich ziemlich hartnäckig sein 😉

Anfangs habe ich Zehentrenner-Sandalen mit meinem Schuster auseinandergenommen und er hat mir dann eine Sohle zu dem „gekauften“ Oberteil gebaut. Das war insgesamt sehr teuer. Zum einen die Sandale kaufen und dann den Umbau beim Schuster bezahlen. Außerdem wollte ich natürlich nicht immer die Hälfte von einer gekauften Sandale wegschmeißen. Das konnte keine Dauerlösung sein.

Also habe ich ganz viele Hersteller und Marken, die Zehentrenner-Sandalen anbieten, kontaktiert und gefragt ob es nicht möglich sei, eine andere Platte und somit eine Barfuß / Minimalsandale mit ins Sortiment zu nehmen. Die Idee fand keiner gut und auch Minimalsandalen Hersteller hatten für meine Bitte, ihre „zu kleine“ Sohlen in einem ihrer Modellen anzupassen, kein Verständnis.

Ich war irgendwann wirklich frustriert. Es hat über ein Jahr gedauert bis ich endlich eine Manufaktur gefunden hatte, die den Prototypen nach meinen Angaben entwickeln konnten, ohne dass ich einen Auftrag von mehreren 10.000 EUR (ist normalerweise in der Branche so) beauftragen musste. Wir haben sehr lange getüftelt, entwickelt, verworfen, verändert. Es war ein sehr spannender Prozess und das Ergebnis heute kann sich sehen lassen und unsere Kundinnen schwärmen ganz gern von ihren Lonnies. Mir wärmt das das Herz und erfüllt mich auch mit Stolz. So eine Sandale ist tatsächlich nicht mal eben hergestellt und die Arbeitsschritte sind (auch wenn es ja nach Minimalsandale aussieht) ähnlich aufwändig wie bei Schuhen. Wir produzieren seit 2021 nur noch vegan. Das war ein großartiger Moment für mich einfach bestimmen zu können: wir nutzen für Lonnies nie wieder Leder, wir respektieren alle Lebewesen und sind uns der Verantwortung als Produzent bewusst. Wir haben kleine Bestände und kaum Lagerware. Das ist sehr nachhaltig weil wir darauf streng achtend, keine Ware „verramschen“ zu müssen. So können wir aber auch vereinzelt noch fehlende Paare von sehr beliebten Farben nachproduzierten.

„Ich wollte mich einfach nicht mehr dem Modediktat von Schuhen, die von Frauen sexy oder stark oder sehr feminin angesehen sind, unterwerfen. Ich war nicht mehr bereit auch nur einen Moment einen Schuh mich „drücken“ zu lassen.“ 

Christina Waltenberger

schöneArtundWiese:

Du hast also nebenberuflich gegründet. Was machst du sonst beruflich?

Christina: Als gelernte Bankkauffrau bin ich nach der Geburt unserer Tochter als Teilzeitmitarbeiterin und nun über 20 Jahre in dem Unternehmen. Mit der Zeit war es mir so möglich immer mehr mit Freilauf zu machen und da bin ich bei den Ausbildungen, Workshops und anderem eingestiegen. Ich liebe die Arbeit und, Du weißt ja, in den Ausbildungen passieren Schlüsselmomente und das ist der Größte Lohn.

schöneArtundWiese:

Wie war der Weg von dem ersten Gedanken zur wirklichen Gründung? Gab es Stimmen in deinem Umfeld, die das kritisch gesehen haben? Wie war das für dich? Gab es Menschen, die dich unterstützt haben?

Christina: Kritische Stimmen gab es tatsächlich kaum und als das erste Paar Lonnies fertig war, fanden alle das Produkt toll. Ich hab auch alle aus dem Freilauf-Team (alles Männer) die Sandale anziehen lassen. Es ist nur so möglich zu spüren wie sie sich an den Füßen anfühlen: großartig und leicht!

Ich erinnere mich an ein Gespräch mit Emanuel Bohlander als er mich aufmuntern wollte und meinte „da geht die Welt ja nicht von unter wenn es keine schicken Sandalen gibt“ Ich antwortete: „das stimmt, aber du hast das Problem auch nicht. Ich möchte keine Trecking-Sandalen zu einem Kleid tragen, wenn du das zu einem Schottenrock machen möchtest, ist das ok 😉 Ich kann nicht zu meinem Bürojob gehen in solchen Sandalen.“

Die größte Unterstützung war mein Mann. Für ihn war das ok, dass wir etwas Geld in die Hand nehmen und ich das ausprobieren konnte. Wir sind auch zusammen damals in die Manufaktur gefahren. Er lebt nach dem Motto: „happy wife, happy life“ MeineTochter hält liebevoll auch mal als Fussmodell her. Das ist klasse und manchmal hilft sie mir auch bei Instagram Posts.

Seit 2021 arbeite ich eng mit GoFree Concepts zusammen. Ohne Chris, dem Geschäftsführer, wäre Lonnies auch in der Ausführung heute, nicht möglich gewesen. Unterstützung finde ich auch besonders durch Frauen, die Lonnies klasse finden und empfehlen (und zwar ohne Bezahlung sondern eher aus Idealismus. Kapital dafür fehlt anfangs einfach.) Vivi von Vivi Barfuß ist eine der Ladies die im Bereich „gesunde, fitte Füße“ unterwegs ist und Lonnies unterstützt. Ich kann nicht genug betonen wie wichtig das ist, dass Frauen Frauen supporten einfach nur um genau das zu tun!

Als zuletzt auch Teilnehmer*innen unserer Ausbildungen in Lonnies durch die Tür kamen, das war ein großartiger Moment für mich!

schöneArtundWiese:

Was ist das Besondere an Lonnies?

Christina: Das Material, welches wir für Lonnies verwenden, kommt nur aus Europa und wird sonst in der Orthopädie-Technik verwendet. Der Zehensteg ist extrem dünn und mit weichem Futter ummantelt. Alle Teile werden von einem Meister geprüft und erst danach verpackt. Qualität steht an erster Stelle für Lonnies.

schöneArtundWiese:

Welche Herausforderungen gab es – bzw. gibt es?

Christina: Klar, gibt es Herausforderungen. Wo gehobelt wird fallen Späne und manchmal dauert es, bis Probleme auffallen. Das gehört mit zum Prozess und ist ja auch spannend. Da uns Qualität aber so unglaublich wichtig ist, haben wir die anfänglichen Schwachstellen schnell ausgemerzt. Unsere Kundinnen können sich bei uns immer auf ein hohes Service-Level verlassen und mir ist es wichtig, dass sie Vertrauen in das Produkt haben können.

schöneArtundWiese:

Was hättest du gerne vorher gewusst?

Christina: Im ersten Jahr haben wir die Lonnies ganz individuell hergestellt. Das war ein enormer Aufwand im Vorfeld und ich habe das völlig unterschätzt wie krass es mit den Füßen ist obwohl ich diese ja dauernd in meinem Job gesehen habe. Die Bestellungen waren zu 90% mit „Sonderlocken“ nötig. Also z. B.: Länge einer 39er Größe aber Breite einer 41er und Riemenlänge einer 40er Größe. Die Einzelanfertigungen waren natürlich sehr teuer. Das hätte ich so individuell nicht mehr weiter anbieten können.

schöneArtundWiese:

Was inspiriert dich? Woher kommen die Ideen zu den Farben/Materialien? Suchst du das Material selbst aus? Wie entscheidest du dich, bei so einer riesigen Auswahl?

Christina: Ich frage immer gern in die Runde der Kundinnen welche Farbe denn gewünscht wäre. Wir bleiben meist unserem Materialhersteller treu, weil dies so hochwertig ist. Manchmal probieren wir aber auch einzelne Teile mit einem anderen Material und wenn es gut ist, kann es sein, dass wir dies dann für ein Modell verwenden. Da schaue ich immer mal wieder nach. Es muss vegan sein. Sonst bin ich für alles offen 😉 Es sei denn da wird jemand ausgebeutet.

schöneArtundWiese:

Wie ist es, im Alltag alles unter einen Hut zu bringen – du bist Mama, berufstätig, Gründerin…. Wie schaffst du das im Alltag?

Christina: Das ist eine gute Frage! Es ist wirklich ziemlich viel und das klappt nur mit sehr viel Struktur. Aber wie gesagt ich bin ziemlich hartnäckig. Trotzdem ist es natürlich wichtig auf die Bremse zu treten und das klappt bei mir nicht so gut.

schöneArtundWiese:

Wobei entspannst du?

Christina: Tatsächlich sind die Ausbildungen, die wir von Freilauf in Alfter geben, trotz der „Arbeit“ und der Präsenz die wir Coaches dabei liefern, teilweise sehr verbindet und herzerfüllend. Da kann ich richtig viel Kraft bei tanken und ich liebe es, mich nicht um Essen kümmern zu müssen weil wir dort bekocht werden. Wer mich kennt weiß wie sehr ich Essen liebe und das genieße ich dort sehr! (Muss dabei lachen).

Außerdem natürlich beim Laufen. Ganz alleine, ganz langsam und easy!

Ich liebe es auch in die Sauna zu gehen. Jedoch schaffe ich das sehr selten.

schöneArtundWiese:

Was würdest du Leserinnen und Lesern gerne mitgeben, die vielleicht auch gerade mit dem Gedanken spielen zu gründen?

Christina: Herzensangelegenheiten zahlen sich IMMER aus! Geduld und Glauben sind wichtig und ja, du wirst auch scheitern. Das tun wir alle und das ist ok und auch wichtig!

schöneArtundWiese:

Das hast du schön gesagt Christina, vielen lieben Dank für deine Zeit und unser Gespräch. Und Danke, dass du drangeblieben bist und es  uns Frauen ermöglichst mit schicken, bequemen und fußgerechten Sandalen durch’s Leben zu gehen.

Wer mehr über Lonnies erfahren möchte: www.lonnies.de